"Ménange à trois" - Neuartige Symbiose zwischen Bakterien und Meereswürmern entdeckt

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Symbiosen stellt man sich üblicherweise als Interaktionen zwischen zwei Organismen (einem Symbiont und einem Wirt) vor, die für beide Partner nützlich sind. Generell wird angenommen, dass nur sehr selten mehr als ein Symbiont in einem Wirt vorkommt, da der Wettbewerb zwischen Symbionten um Ressourcen und Raum schädlich für den Wirt wäre. 
 
In einem von Dr. Nicole Dubilier (Max-Planck Institut für Marine Mikrobiologie, Bremen) koordiniertem Projekt wurde nun eine ungewöhnliche Symbiose zwischen dem marinen Wurm Olavius algarvensis und zwei verschiedenen Bakteriensymbionten erforscht. Im Rahmen dieses Projektes, dessen Ergebnisse diese Woche in der Fachzeitschrift Nature veröffentlicht werden, wurden am Lehrstuhl für Mikrobiologie der Technischen Universität München Arbeiten zur Identifizierung und funktionellen Charakterisierung der symbiontischen Bakterien von Dipl.-Biol. Michael Klein unter Leitung von PD Dr. Michael Wagner (Arbeitsgruppe "Mikrobielle Ökologie") durchgeführt. Die nur Millimeter großen Würmer stammen aus Flachwassersedimenten des Mittelmeers unweit der Insel Elba (Italien) und beherbergen in ihrem Inneren zwei verschiedene Bakterienarten, die mit traditionellen Methoden nicht näher charakterisiert werden können. Die Identifikation dieser symbiontischen Bakterien erfolgte durch eine vergleichende Sequenzanalyse ihrer ribosomalen Ribonukleinsäure (rRNS). Mit Hilfe dieses Ansatzes und dem anschließenden Nachweis der Bakterien direkt im Wurm mittels spezifischer rRNS-gerichteter Gensonden und Fluoreszenz in situ Hybridisierung (siehe Abbildung), der an der TU München in Kooperation mit Frau Dubilier durchgeführt wurde, konnte gezeigt werden, dass die beiden Bakterien zu sulfid-oxidierenden bzw. sulfatreduzierenden Bakterien verwandt sind. 
 
Den Forschern an der TU München gelang es zudem in Zusammenarbeit mit der Arbeitsgruppe in Bremen, Gene für die dissimilatorische Sulfitreduktase, ein Schlüsselenzym aller sulfatreduzierenden Bakterien, in einem der Wurmsymbionten nachzuweisen und somit dessen Funktion als sulfatreduzierendes Bakterium zu bestätigen. 
 
Weitere Einblicke in die Physiologie und Aktivität der Symbionten wurden durch immunozytochemische Methoden und Isotopenversuche erhalten. Einer der Symbionten reduziert Sulfat unter Energiegewinn zu Sulfid. Dieses im Wurm gebildete Sulfid wird von dem anderen bakteriellen Symbionten für die Energiegewinnung oxidiert und somit für den sulfatreduzierenden Partner regeneriert. Folglich, konkurrieren beide Symbionten nicht miteinander, sondern katalysieren gemeinsam einen geschlossenen Schwefel-Kreislauf im Inneren des Wurms. Der Wurm bietet den symbiontisch lebenden Bakterien Schutz und Beweglichkeit und profitiert gleichzeitig von deren Anwesenheit, da toxische Stoffwechselprodukte die der Wurm unter anaeroben Bedingungen produziert, den sulfatreduzierenden Bakterien als Nahrung dienen und somit für den Wirt entgiftet werden. Die Sulfatreduzierer stellen zusätzlich eine von der Umgebung unabhängige Quelle reduzierter Schwefelverbindungen dar, die für die schwefeloxidierenden Bakterien lebenswichtig sind. Somit könnte diese Symbiose den Wirt in die Lage versetzt haben neue Lebensräume zu kolonisieren und sich geographisch weiter zu verbreiten.